Lead Nurturing in der Praxis: Inhalte, Scoring & Automatisierung für mehr Vertriebspower

Der folgende Artikel wurde gemeinsam mit Dr. Beatrice Ermer verfasst und ist ursprünglich im Mai 2020 in der Zeitschrift SalesExcellence erschienen. Hier geht es zu dem Artikel: https://www.springerprofessional.de/mehr-vertriebspower-einsetzen/17956724

Drei Kernaussagen

  • Programme zur Weiterqualifizierung von Leads sind für ein effektives Lead-Management im B2B Vertrieb erforderlich.

  • Marketing Automation unterstützt das Lead Nurturing und ermöglicht intelligente Kampagnensteuerung und Skalierbarkeit.

  • Ein Lead Nurturing Programm besteht aus 3 Elementen: Content Programmen, einer Logik zum Ausspielen des Contents sowie einem Lead Scoring Modell.

Eine effektives Lead-Management gelingt heute nur durch die intensive Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb und nutzt Lead Nurturing. In Kombination mit Marketing Automation trägt dies zur effizienten Weiterqualifizierung von Leads bei und stärkt so die Vertriebspower. Anhand eines erklärungsbedürftigen Produkts aus der Energiewirtschaft wird beschrieben, wie ein Lead Nurturing Programm aufgesetzt werden kann.

Die Nutzung digitaler Medien zur Informationsbeschaffung wächst im privaten wie beruflichen Bereich, was auch den Einkaufsprozess (Buyer Journey) in Unternehmen verändert hat. Studien zufolge ist dieser bereits zu mehr als 50% abgeschlossen, bevor es zu einem Erstkontakt mit dem Vertrieb kommt. Das veränderte Mediennutzungsverhalten ist ein Treiber dafür, Leadmanagementprozesse neu auszurichten. Der Einsatz von Lead Nurturing Programmen ist dabei ein wichtiger Schritt, insbesondere bei erklärungsbedürftigen Produkten, deren Anschaffung sich über Monate hinziehen kann. Lead Nurturing zur Weiterqualifizierung von Leads aus unterschiedlichen Quellen ist dann erfolgsversprechend, wenn Marketing und Vertrieb in enger Verzahnung diese gemeinsam auf den Weg bringen.

Ein Lead Nurturing Programm besteht unabhängig vom eingesetzten Marketing Automation Tool aus drei Elementen (siehe Abbildung): den Content Programmen, dem Engagement Programm und einem Lead Scoring Modell (LSM). In Content Programmen sind für unterschiedliche Informationsbedürfnisse der Zielgruppen geeignete Inhalte in verschiedenen Formaten zusammengestellt (z.B. Videos, Infografiken, etc.). Die Logik für das effiziente Ausspielen der Inhalte an die jeweiligen Zielgruppen ist im Engagement Programm definiert. Die Wertigkeit einzelner Inhalte ist im LSM abgebildet. Die „Wertigkeit“ von Leads verändert sich je nach Interaktion mit den ausgespielten Inhalten. Am Beispiel der Energiemonitoring-Lösung bit.B von innogy werden weitere Besonderheiten der drei Elemente und die Vorgehensweise zum Aufbau eines Lead Nurturing erläutert.

Lead Nurturing B2B Marketing

In sechs Schritten zum ersten Lead Nurturing Programm

In sechs Schritten (siehe Abbildung) wurde für bit.B ein Lead Nurturing Programm aufgebaut. Als unterstützendes Marketing Automation Tool dient Marketo, das bereits in anderen Bereichen von innogy eingesetzt wird. Um ein effektives Programm aufzubauen, sind konzeptionelle Vorarbeiten notwendig, bei denen Marketing und Vertrieb eng zusammenarbeiten müssen.

Schritt 1: Die spezifische Buyer Journey verstehen

Jedes Produkt hat seine spezifische Buyer Journey und einen Vertriebsprozess, der sich daran ausrichtet. Entscheidend ist zu verstehen, wie dieser Prozess konkret für das jeweilige Produkt aussieht, damit Schwachpunkte erkannt und verbessert werden können. Was passiert mit neu generierten Leads? Wie entstehen Marketing Qualified Leads (MQL) und wie sieht der Übergang zu Sales Qualified Leads (SQL) aus? Was passiert mit Leads, die noch nicht „reif“ für die Übergabe an den Vertrieb sind?

Im Fall von bit.B wurden neue Leads bislang direkt an den Vertrieb übergeben, der dann per Telefon versuchte Kundentermine zu vereinbaren. Eine für ein derart komplexes Produkt wenig erfolgversprechende Praxis. Hierin liegt ein typischer Hebel für Lead Nurturing. Der neue, optimierte Vertriebsprozess für bit.B sieht den Einsatz eines Lead Nurturing Programms direkt am Anfang der Buyer Journey vor. Ziel dieses Vorgehens ist es, neue Leads zu MQLs weiter zu qualifizieren, so dass der Vertrieb höhere Erfolgsquoten bei der Terminvereinbarung erzielt.

Schritt 2: Business Case erstellen

Um interne Stakeholder zu überzeugen, Budget für die Umsetzung eines Lead Nurturing Programms zu geben und eine solide Grundlage für die Erfolgsmessung zu haben, wird im nächsten Schritt ein Business Case erstellt. Dieser zeigt auf, wie sich der Einsatz von Lead Nurturing im Vertriebsprozess auswirkt und welche Umsatzsteigerung erzielt werden kann.

Schritt 3: Programmstruktur festlegen

Bevor es an die konkrete Umsetzung geht, werden die Rahmenbedingungen in Form einer Programmstruktur festgehalten. Diese basiert auf der vorhergehenden Analyse des Vertriebsprozesses und beinhaltet verschiedene Aspekte wie zum Beispiel das übergreifende Ziel, die Kernaufgaben des Programms, die erwünschte Wirkung am Ende der Buyer Journey, die Frequenz der regelmäßigen Ansprache von Leads und den Umfang des benötigten Contents.

Schritt 4: Content Programme erstellen

Über Content Programme werden für Interessenten relevante Inhalte zusammengestellt. So kann über einen längeren Zeitraum hinweg eine regelmäßige Ansprache erfolgen und der Entscheidungsprozess begleitet werden. Zwei Aspekte sind hier entscheidend:

  • Ausreichend Content zu erstellen, um potentielle Kunden über einen längeren Zeitpunkt begleiten zu können.
  • Passenden Content anzubieten, um potentielle Kunden in der jeweiligen Phase des Entscheidungsprozesses in geeigneter Weise abzuholen.

Um passenden Content zu entwickeln, hilft wieder der Blick auf die Buyer Journey. Nach welchen Informationen suchen Kunden in den einzelnen Phasen? Im Fall von bit.B fragen sich Unternehmen zum Beispiel in der Awareness-Phase, wie sie den Energieverbrauch effektiv reduzieren können. In der Consideration-Phase stehen eher Fragen nach dem Effekt von Energiemonitoring auf den Energieverbrauch im Vordergrund.

Als nächstes geht es darum, ausreichend Inhalte zu erstellen. Das können Produktvideos, ein White Paper oder technische Produktinformationen sein. Für bit.B werden auch Websiteinhalte genutzt, zum Beispiel Datenblätter, Kundenbeispiele oder Artikel zu Energiemanagementthemen.

Schritt 5: Lead Scoring definieren

Ein wichtiges Ziel des Lead Nurturing ist die Verbesserung der Leadqualität. Durch das Lead Scoring wird die Messung der Kaufbereitschaft sichergestellt, damit gezielt qualifizierte Leads für den Vertrieb aufgebaut werden. Scoring-Werte können dabei für verschiedene Aspekte definiert und vergeben werden, zum Beispiel für demographische Angaben (u.a. Industrie, Funktion des Ansprechpartners) oder für die Interaktion mit Inhalten aus Content-Programmen (u.a. Produktvideo ansehen, für ein Webinar registrieren). Entscheidend ist, dass im Programm ein Score für Leads entwickelt wird, der Auskunft über deren Kaufbereitschaft gibt. Für jedes Programm ist daher zu Beginn ein sogenannter „Sales-Readiness“-Score zu definieren, bei dessen Erreichen ein Lead an den Vertrieb übergeben wird.

Schritt 6: Engagement-Programm einstellen

Ist Content erstellt und das Scoring aufgesetzt, folgt das finale Einstellen des Engagement-Programms im Marketing Automation Tool. Der Ablauf der Content Programme wird angelegt, das LSM integriert und die Programmlogik konfiguriert. Hierzu gehört zum Beispiel die Frequenz, mit der Content ausgesendet wird oder die Einrichtung einer automatischen Benachrichtigung des Vertriebs bei einem „sales-ready“ Lead.

Erfolgsmessung & Optimierung

Eine kontinuierliche Messung der Performance ermöglicht, Ansatzpunkte zur Verbesserung des Lead Nurturing Programms insgesamt zu erkennen. Denn Marketing Automation Tools zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie sehr flexibel sind und sich Programme selbst während des Betriebs immer wieder anpassen lassen.

Fazit

In optimal ausgestalteten Leadmanagementprozessen des B2B Geschäfts gehört Lead Nurturing heute dazu. Dadurch werden potenzielle Kunden in den verschiedenen Phasen ihres jeweiligen Kaufentscheidungsprozesses in strukturierter Weise mit passenden Inhalten versorgt. So lässt sich die Leadqualität verbessern, die Leadkonvertierung erhöhen und insgesamt die Vertriebspower steigern.

Probieren Sie es aus!

Und sprechen Sie mich gerne an für einen weitergehenden Austausch zu dem Thema.

Published On: Dezember 23rd, 2020 / Categories: B2B Marketing, Content Marketing, Lead Management / Tags: , , , /